Ich habe bereits öfters über das Thema Kommunikation geschrieben.
Vielleicht können Sie sich erinnern.
Dazu gab es zwei Tipps: "Testen Sie agile PM Tools anstatt E-Mails" und „Nutzen Sie Sprachnachrichten!"
Die Kernbotschaft war: Lasst uns weniger, aber dafür gezielter kommunizieren.
Heute möchte ich darüber sprechen, was passiert, wenn wir das Ganze übertreiben.
Wenn wir zu wenig und vor allem falsch sprechen. Und es nach hinten los geht...
Im Grunde ist Kommunikation Verschwendung. Technisch gesehen dient sie lediglich dazu Informationen auszutauschen.
Wenn wir uns blind verstehen würden, bräuchten wir nicht zu kommunizieren.
Zum Glück ist das aber nie der Fall. Auch wenn wir nicht miteinander sprechen, kommunizieren wir. Nonverbal.
Wie wir bereits wissen, können wir nicht "Nicht-kommunizieren".
Können Sie sich eine Szene erinnern vom 11. September 2001? Georg W. Bush, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, sitzt in einer Schule und hört den Kindern in einer Grundschule beim Vorlesen zu. Dann kommt Stabschef Andrew Card ins Bild und flüstert ihm etwas ins Ohr. Wissen Sie, was er sagte?
"There is second plane. America is under attack!" Amerika wird angegriffen!
Was machte der Präsident? Erst einmal Nichts. Er starrte in die Ferne und hörte den Schülern noch 7 bis 8 Min. weiter zu, stand dann auf und bedankte sich bei den Schülern.
Er kommunizierte nicht - und doch kommunizierte er, und zwar an die ganze Welt.
"Ich bewahre jetzt Ruhe und werde besonnen handeln!"
oder vielleicht
"Ich bin völlig überfordert mit dieser Situation, was mache ich jetzt am besten?"
oder auch
"Das wusste ich schon, aber danke für die Info"
(Die Verschwörungsvariante)
Egal was bei Ihnen damals angekommen ist. Er hat kommuniziert.
Gerade als Führungskraft und Unternehmer muss uns dies bewusst sein.
Wir können nicht "Nicht-kommunizieren"!
Klasse könnte man ja jetzt sagen.
"Meine Mitarbeiter sehen ja meine Reaktion, dann muss ich schon nichts erzählen."
Uns muss einfach bewusst sein:
Je subtiler wir kommunizieren, desto höher der Freiheitsgrad der Interpretation.
Wir haben kaum noch die Kontrolle, was ist beim Gegenüber angekommen.
Daher ist eine ausführliche Kommunikation, vor allem in kritischen Situationen, nicht Zeitverschwendung, sondern ein Mittel um ein effektiver Unternehmer zu sein.
Ich möchte Ihnen dazu eine eigene Geschichte erzählen:
Vor einigen Jahren, als Lean-Berater hatte ich ein Projekt bei einem regional verwurzelten Unternehmen zu verantworten.
Sie hatten etwas über 100 Mitarbeiter, fertigten und montierten Elektromotoren. Das Ziel bestand darin die Produktivität stark zu verbessern, um die Kosten im Griff zu halten. Die Wettbewerber aus China waren ihnen auf den Fersen.
Unser erster Ansatz war damals Ein-Stück-Fluss in der Montage aufzubauen.
Das heißt kontinuierliche und verschwendungsarme Montageprozesse zu etablieren. Wie immer machten wir mit dem Montageteam eine ausführliche Schulung. Das Team bestand zu 90% aus Frauen. Warum? Es hat sich über die Jahre gezeigt, dass Frauen ein besseres Geschick haben die Motorenteile zu montieren. Aber auch weil die Lohnkosten geringer waren. Ganz klar!
Wir bauten im ersten Workshop gleich um, entfernten die alten Arbeitsplätze und ordneten die Arbeitstische neu an. Das Werkzeug und Material positionierten wir mit entsprechend kurzen Greifwegen. Alle Teammitglieder waren motiviert und wir sahen schnell Fortschritte.
Schon am nächsten Tag konnten wir eine Probemontage in deutlich kürzerer Zeit durchführen. Wir waren zuversichtlich. Am Ende der Woche war eine Abschlusspräsentation vor allen Mitarbeitern geplant. Mit der Geschäftsführung.
Hinter den Kulissen sprachen wir vorab mit allen Beteiligten und klärten offene Fragen. Dann kam der Tag der Präsentation. Ich lief morgens beim Kunden ins Werk. "Herr Wagner, kommen Sie schnell. Wir haben ein Problem."
Wir liefen zur Montagelinie und sahen, was passiert war. Die gesamte Montagemannschaft hatte sich versammelt und protestierte gegen die neuen Abläufe. Es gab emotionale Ausbrüche. Tränen wurden vergossen, es wurde teils hysterisch argumentiert. Alle waren sich sicher, dass die „neue Montage“ nicht in ihrem Interesse ist und wir alles rückgängig machen müssen. (Obwohl ein Teil der Gruppe, die gesamte Woche mit uns eng zusammenarbeitet hatte)
Teile der Tische wurden bereits wieder zurückgestellt. Es war eine Katastrophe.
Der Geschäftsführer stand nur da und sagte:
"Herr Wagner können Sie übernehmen, ich komme hier nicht weiter"
Es dauerte 2 Stunden, bis die Gemüter wieder beruhigt werden konnten.
Was war passiert? Was hatten wir übersehen?
Zwar sprachen wir die gesamte Zeit über mit dem Workshop-Team. Aber wir hatten nicht erkannt, dass es ganz andere informelle Führungspersonen im Unternehmen gab. Die wir gar nicht kannten. Und in wenigen Minuten in der Lage waren die Meinung der gesamten Belegschaft zu beeinflussen. Sie wussten, wie man die richtigen Knöpfe drücken muss. Es kommt also nicht nur darauf an ausführlich und direkt zu kommunizieren. Sondern auch die richtige Zielgruppe ausfindig zu machen.
Hätten wir einen Tag weniger umgebaut und dafür mehr Gespräche geführt. Auch mehr zugehört. Wären wir deutlich besser vorangekommen. Das ist Effektivität und spart am Ende extrem viel Unternehmerzeit und Nerven...
Haben Sie auch eine solche Situation erlebt?
Ich würde mich freuen von Ihren Erkenntnissen zu hören.
Schreiben Sie doch einen Kommentar. Ich bin gespannt auf Ihre Situation.
Herzliche Grüße
Marcus Wagner
PS: Sollten Sie an weiteren Impulsen und Methoden interessiert sein. Dann möchte ich Ihnen LifeTime ans Herz legen. Einfach den roten "Button" drücken.
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